Durchbeißen. Oder: wie ich zu meinem Verlag kam

Heute mal ein sehr persönlicher Beitrag, denn ich möchte dir ein bisschen mehr darüber erzählen, wie ich zu meinem Verlagsvertrag kam.

Häufig verlaufen Karrieren in einer aufsteigenden Kurve. Immer wieder gibt es Punkte, die man für sich als Erfolg verbuchen kann.

Bei Autoren sind das beispielsweise Veröffentlichungen in Zeitschriften oder Anthologien, Auszeichnungen und Preise, Wettbewerbsgewinne. Nach außen mag das vielleicht noch gar nicht so besonders wirken, aber es sind Meilensteine. Es ist der Beweis dafür, dass man mit dem Schreiben vorankommt, dass man sich verbessert. Dass die Arbeit im stillen Kämmerchen sich auszahlt.

Später kommen Veröffentlichungen in Kleinverlagen und e-Book-Imprints hinzu - Erfolge, nach denen niemand einem mehr absprechen kann, ein waschechter Autor zu sein.

Ich hatte so etwas nicht.

Im NaNo 2020 habe ich mein damals viertes Prosa-Manuskript beendet und mich damit zum X. Mal auf Agentursuche begeben. Erfolgreich war ich nicht. Ich habe bis zum damaligen Zeitpunkt an die 80 Agenturbewerbungen mit verschiedenen Projekten geschickt, wurde von diversen Kleinverlagen abgelehnt und habe es bei öffentlichen Verlagsausschreibungen und Wettbewerben nie auch nur auf die Longlist geschafft.
Ich war ziemlich deprimiert, um es Mal vorsichtig auszudrücken.
Hinzu kommt, dass ich nicht gerade der Überfliegertyp bin. Ich habe eine PTBS und infolgedessen mit 16 das Gymnasium abgebrochen. Ich habe keine abgeschlossene Ausbildung und bin ein klassischer Underachiever.

Es gab aber auch Lichtblicke:

Ich landete bei einzelnen Agenturen irgendwann nicht mehr auf der “Mail muss nicht beantwortet werden”-Liste, sondern habe eher ein freundliches “Ach, Sie schon wieder - vielleicht beim nächsten Mal?” bekommen. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.

Außerdem habe ich sehr viel Rückhalt aus der Autoren-Community bekommen: Menschen, die auch hobbymäßig schreiben, die denselben Struggle haben, die Alltag und eine zeitintensive Leidenschaft stemmen und davon träumen, irgendwann einmal ein Buch zu veröffentlichen. Und die - wie ich - sehr oft Sätze wie diese hören: “Autorin? Schlag dir das aus dem Kopf! Ist brotlose Kunst und schaffst du sowieso nicht.”

Was dann passiert ist, ist im Nachhinein eine Mischung aus den Früchten jahrelanger Arbeit und glücklicher Fügung.

Ich hatte in den letzten Tagen des NaNoWriMo (National Novel Writing Month) und nach Beendigung des Manuskripts noch Wörter für die 50k offen und habe mich kurzerhand entschlossen, etwas Neues auszuprobieren: New Adult Romance war damals immer noch ein junges Genre, wurde aber von vielen geschrieben und gesucht. Für mich hieß das Umstellung zurück auf “fantasielose” Contemporary und vor allen Dingen auf den Ich-Erzähler, mit dem ich mich damals noch nicht gut auskannte; zuhause war ich eigentlich in der Fantasy mit personalem Erzähler. Aber - Challenge accepted - ich wollte es wirklich schaffen, habe mir nach Beendigung der Leseprobe Testleser gesucht und währenddessen weitergeschrieben. Das Feedback war sehr positiv. Und ganz am Ende der Mail einer Testleserin stand die kleime Bemerkung, dass mein Gegenüber eine Literaturagentin ist und sie sich für das Projekt interessiert.

Danach ging es - gemessen am eher behäbigen Tempo der Buchbranche - sehr schnell. Ich hatte keine sechs Monate später meinen ersten Verlagsvertrag bei cbj. Es folgte ein zweiter und sogar noch ein dritter.

Was ich mit diesem ganzen Roman sagen will? Du kannst das auch schaffen.

Du hast die Chance, irgendwann bei einem großen Publikumsverlag zu landen. Du hast die Chance auf einen Marketingtitel und Verlagsverträge. Es ist aber ein Haufen Arbeit. Es ist anstrengend. Es ist phasenweise enorm deprimierend. - Ich habe wirklich über Jahre hinweg fast jeden Tag geschrieben und es war sehr viel Enttäuschung dabei.

Dabei muss jeder seine eigenen Dämonen bekämpfen. Bei mir ist das ein wirklich tief sitzendes Impostor-Syndrom. Ich habe bis heute nicht das Gefühl “gut” genug zu sein und es fällt mir extrem schwer, Menschen zu zeigen, was ich geschrieben habe. Ich habe mich für ein geschlossenes Pseudonym entschieden und kämpfe trotzdem immer wieder damit, dass fremde Menschen plötzlich lesen, was ich mit viel Herzblut allein in meinem stillen Kämmerchen aufgeschrieben habe. Weil ich der festen Überzeugung bin, dass jemand herkommt und sagt: was du machst, ist grauenhaft, du bist unfähig, schäm dich.

Grund Nummer zwei für diesen Roman ist also: sollte es hier noch jemandem so geben, der dieses Gefühl kennt: du bist nicht allein damit.

Oder, um es mit Lizzy & Ryders Worten auszudrücken: Es ist okay, nicht perfekt zu sein. Schreiben ist ein lebenslanger Lernprozess. Ich wette, sogar Größen wie G. R. R. Martin, Stephen King oder J. K. Rowling lernen heute noch nahezu täglich dazu. Oder jedenfalls immer dann, wenn sie sich an die Tastatur sezten und schreiben oder ein spannendes Buch lesen oder einen Film mit interessanten Wendungen oder Charakteren sehen. Perfekt verlangt niemand.

Gib nicht auf, solange es dir Spaß macht. Denn darum geht es: Spaß am Schreiben zu haben, an der Tätigkeit selbst, daran, neue Charaktere zu entwickeln und sie in eine Fantasiewelt zu setzen und zuzusehen, was passiert.

Zurück
Zurück

Die Literaturagentur: Wozu ist sie gut und wie komme ich da rein?

Weiter
Weiter

Mein Blog!